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Der Kopf und die Biologie nach der Knieoperation (Teil 2)

Serpentinen

Die erste Phase ist überstanden. Jetzt geht es für Sie darum, die weitere Reifung der Heilung zu unterstützen, um mit gesundem Menschenverstand auf den Tennisplatz, aufs Bike oder an die Arbeit zurückzukehren. Erfahren Sie, warum ein guter Rhythmus zwischen Leistung und Entspannung entscheidend ist und was das alles mit Weinreifung zu tun hat.

Die Reifungsphase

Unser Handwerk, der Prozess der technischen Abläufe während der Operation, sieht immer gleich aus. Er ist eingespielt, die einzelnen Schritte im Team sind klar. Wie Sie die Operation und die Heilung danach erleben, das kann unterschiedlich sein.

Beachten Sie auch: Die Rehaphase nach einer Knieoperation ist kein Sprint. Es ist ein längeres Projekt, das Durchhaltewillen, Geduld und Stehvermögen benötigt. Wer seine Kräfte einteilen kann und sich darauf eingestellt hat, ist im Vorteil. Eben genauso wie bei einer Passfahrt mit dem Velo.

So gibt es keine einfache Antwort auf die Frage, wann Sie wieder arbeiten können. Das hängt einerseits ab vom Beruf, dem Belastungsprofil, andererseits auch von den persönlichen Voraussetzungen, die Sie in das Projekt Knieprothesen-Operation mitbringen. Meist versuche ich den Sachverhalt wie folgt darzustellen: Eine selbstständige Erwerbsperson mit einem reinen Bürojob wird etwa nach drei Wochen anfangen, ihre Tätigkeit wieder halbtags aufzunehmen, um etwa Mails zu bearbeiten. Ein Bauarbeiter hingegen ist nach der Operation sechs Monate weg von der Arbeit. Die meisten befinden sich irgendwo dazwischen.

Es braucht Pflege und Zeit

In der Phase zwischen sechs Wochen und etwa vier Monaten nach der Operation wird sich Ihre Situation stabilisieren. Der Anstieg wird etwas flacher, Ihr Leben normalisiert sich zusehends. Vier Monate nach der Operation sind die erreichten Zwischenresultate sehr individuell. Einzelne sind bereits wieder sportlich aktiv, andere kämpfen noch etwas mit sich und dem Knie. Meistens zeigt sich nun ein Bild mit einem noch leicht geschwollenen, etwas überwärmten, jedoch schon ziemlich gut, aber noch nicht voll beweglichen Kniegelenk. Die meisten Patienten berichten zu diesem Zeitpunkt, dass das Knie besser sei als vor der Operation, aber dies oder jenes manchmal noch stört. Das ist völlig normal.

Dieses Bild vergleiche ich gern mit jener Phase im Weinkeller eines Winzers, wenn der Wein vom Fass in die Flasche kommt: Die Hauptarbeit ist getan, jetzt braucht es noch Pflege und Zeit. Der Wein ist in diesem Moment gemacht, er ist allerdings noch nicht reif und wirklich geniessbar. Er hat noch viel Potenzial.

Nach etwa einem Jahr ist es so weit: Die allermeisten unserer Patienten sind zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit dem erreichten Resultat. Das Knie hat sich beruhigt, die letzten Monate ging es stetig bergauf – nicht immer linear, immer wieder in Entwicklungsschüben, die sich zum Teil biologisch erklären lassen, zum Teil abhängig sind von Ihrem eigenen Einsatz und Effort. Sie selbst beeinflussen das Niveau der Passhöhe oder der Weingüte, die Sie erreichen wollen. Den Kniezustand nach einem Jahr beliebe ich mit dem Bordeaux oder Barolo sechs Jahre nach der Ernte zu vergleichen: Ziemlich gut, stabil, trinkbar, weitere Feinheiten werden sich noch entwickeln.

Klassische oder massgefertigte Knieprothese?

Unterscheiden sich die frühen Heilungsphasen, wenn wir ein klassisches oder ein individuelles, massgefertigtes Knieprothesen-Modell verwenden? Nein, nicht wirklich. Der normale biologische Heilungsprozess läuft genau gleich ab. Die frühen Reaktionen sind eher davon abhängig, welche Anästhesieprotokolle verwendet wurden. Entscheidend ist auch die frühe Schwellungsneigung. Es geht darum, diese so gering wie möglich zu halten. Dank des Einsatzes moderner Verfahren, kombiniert mit der individuellen Prothese, sehen wir allerdings in letzter Zeit häufig, dass das Resultat nach vier Monaten so aussieht, wie wir das bis anhin mit der klassischen Prothese erst nach einem Jahr gewohnt waren. Die Patienten sind fit und aktiv, die Kniegelenke schon recht ruhig und weit fortgeschritten im Reifungsprozess.

Bei maximalen Ansprüchen sehen wir je nach zugrundeliegender biologischer Form Ihres Kniegelenkes klare Vorteile für die individuelle Prothetik. Wie zum Beispiel beim Tennis, oder der Arbeit im Rebberg, wenn es darum geht, gute Beweglichkeit mit einer idealen Stabilität über den gesamten Bewegungsablauf zu erreichen.

Nicht jedes Kniegelenk benötigt unbedingt den Einsatz einer individuellen Lösung. Bei einigen Knie-Persönlichkeiten wissen wir in der Zwischenzeit allerdings, dass Ihnen die individuelle Lösung Vorteile bringt. Anders gesagt gibt es keinen Grund GEGEN, aber einige Gründer FÜR eine Massprothese.

Sie sehen: Wie das Bezwingen eines Alpenpasses verlangt auch der Prozess nach einer Knieoperation neben dem rein körperlichen Einsatz Ihre mentale Bereitschaft. Die Nachbehandlung bedeutet eine echte Aufgabe für Sie, eine Aufgabe, auf die Sie sich optimal vorbereiten können. Vertrauen Sie uns, vertrauen Sie sich selbst, suchen Sie sich einen guten Coach – Physiotherapeut genannt – der Sie sanft, aber mit Nachdruck und gesundem Menschenverstand durch Ihr Projekt begleitet. Dann steht Ihrem Erfolg nichts mehr im Wege!



Mit besten Grüssen
Prof. Dr. Markus P. ARNOLD und Team